17.01.2021 2. Sonntag nach Epiphanias Diakon Robert Stolz

Glockengeläut aus der Rafaelkirche, Unterföhring

 

17.01.2021 2. Sonntag nach Epiphanias
Diakon Robert Stolz

DIE HOCHZEIT IN KANA (Johannes 2 nach der BASISBIBEL)
21Am dritten Tag
fand in Kana in Galiläa
eine Hochzeit statt.
Auch die Mutter von Jesus nahm daran teil.
2Jesus und seine Jünger waren ebenfalls
zur Hochzeitsfeier eingeladen.
3Während des Festes ging der Wein aus.
Da sagte die Mutter von Jesus zu ihm:
»Sie haben keinen Wein mehr!«
4Jesus antwortete ihr:
»Was willst du von mir, Frau?
Meine Stunde ist noch nicht gekommen.«
5Doch seine Mutter sagte zu den Dienern:
»Tut alles, was er euch sagt!«
6Dort gab es auch sechs große Wasserkrüge aus Stein.
Die Juden benötigten sie,
um sich zu reinigen.
Jeder Krug fasste zwei bis drei Eimer.
7Jesus sagte zu den Dienern:
»Füllt die Krüge mit Wasser.«
Die füllten sie bis zum Rand.
8Dann sagte er zu ihnen:
»Schöpft jetzt etwas heraus
und bringt es dem Festmeister.«
Sie brachten es ihm.
9Als der Festmeister einen Schluck davon trank,
war das Wasser zu Wein geworden.
Er wusste natürlich nicht,
woher der Wein kam.
Aber die Diener,
die das Wasser geschöpft hatten,
wussten Bescheid.
Da rief der Festmeister den Bräutigam zu sich
10und sagte zu ihm:
»Jeder andere schenkt zuerst den guten Wein aus.
Und wenn die Gäste dann angetrunken sind,
folgt der weniger gute.
Du hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.«
11Das war das erste Zeichen.
Jesus vollbrachte es in Kana in Galiläa.
Er machte damit seine Herrlichkeit sichtbar
und seine Jünger glaubten an ihn.

Epiphanias Zeit, die Erscheinung des stärker werdenden Lichtes wird gefeiert und mit dem stärker werdenden Licht auch die Erscheinung des Gottessohnes Jesus in der Welt.
Sein Kommen und Wirken wird ja schon im Prolog des Johannesevangeliums als Licht beschrieben, das die Finsternis wieder hell macht.
Da ist es spannend, den Vorschlägen der Gottesdienstreihe zu folgen und zu sehen, welche Geschichten aus dem neuen Testament für dieses Erscheinen als Predigttext herangezogen werden.

Die Erwartungen an dies göttliche Licht waren ja zur Geburtszeit von Jesus ja auch sehr groß: „Wann wird denn der Messias, der Gesalbte Gottes kommen, den uns die Propheten verheißen haben, und wie wird es dann sein?“
Wird er uns die verhassten Römer aus dem Land werfen? Wird er unter uns für Recht und Ordnung sorgen? Wird er Gericht halten? Die Guten belohnen und die Bösen bestrafen?

Der Evangelist Johannes stellt eine überraschende Geschichte an den Anfang des Wirkens Jesu. Sie ist gewissermaßen die Eröffnung, die Ouvertüre für das, was kommen soll, und es ist ausgerechnet die Geschichte von einer Hochzeit.
Hochzeit – das Wort stammt vom mittelalterlichen HOCHZEIT und meinte eine hohe, eine besondere Zeit, zunächst die Zeit der hohen Kirchenfeste, aber dann ging der Begriff auch ins Private und wurde für die hohen Zeiten des eigenen Lebens übernommen.

Hochzeit steht heute für Eheschließung, eine hohe Zeit, in der sich zwei das JA Wort geben. Das ist eine hohe, eine besondere Zeit im Leben.  Sie steht für die Bekräftigung des Versprechens, dass zwei Menschen zueinander gehören wollen. Hoch-Zeiten sind aber auch Taufen und Konfirmationen, in denen unser Ja zu Gott und seiner Begleitung bekräftigt werden und wir die Zusage von Gottes Segen und Wegbegleitung empfangen. Unser Ja sagen, dass wir mit Christus verbunden sein wollten.
Hoch-Zeit des Lebens, an denen Christus zu uns kommt und unser Gast sein will, so wie auf der Hochzeit zu Kana.

„Was kann denn aus Nazareth schon Gutes kommen“ fragt ein Skeptiker bei seiner ersten Begegnung mit Jesus aus Nazareth. Und der Evangelist Johannes gibt im Bericht der Hochzeit zu Kana die Antwort darauf, wie Jesus, das aufgehende Licht, zu uns Menschen kommt.

Aus Nazareth kommt nämlich nicht bloß Gutes, sondern das Beste. Dies Beste kann man schmecken und kosten in einer munteren Feier, begleitet vom besten Wein, den die Welt je getrunken hat.
Ja, auf der Hochzeit zu Kana geschieht, womit niemand rechnet.  

Eine Woche lang dauerten damals solche Feierlichkeiten, man speiste und sprach miteinander, man tanzte und verfestigte ganz nebenbei  Freundschafts- und Verwandtschafts- Bande.
Ein Wir Gefühl lebte auf und verband die Menschen, die sich oft einzelkämpferisch durch ihre Alltagssorgen mühten, zu einer lebendigen Einheit. Das Brautpaar band sich in Liebe aneinander und wurde zu einer Einheit aus der neues Leben hervorgeht.

Und das ist jetzt genau der Ort, den sich Jesus aussucht, an dem er zum ersten Mal öffentlich auftritt. Es soll ein fröhliches Fest des Lebens in unbeschwerter Heiterkeit werden.
Das ist aber kein großer Auftritt, bei dem Jesus den Brautleuten die Show stiehlt. Die Menschen zu denen Jesus kommt bleiben im Mittelpunkt und Jesus gliedert sich ohne großes Aufsehen zusammen mit seiner Mutter und seinen Freunden und Jüngern in die Feier ein. Wir können uns vorstellen, dass er als junger Mann tanzt, singt und kräftig mitfeiert.  

Die Hochzeit war sicher auch eine Auszeit für die Menschen damals. Jeder Tag war sonst ein Kampf ums Überleben. Die Römische Besatzung erpresste ja  Frondienste und hohe Abgaben.
Deshalb haben die Brautleute sicher auch alle Ersparnisse zusammenkratzen müssen, um ein würdiges Fest zu feiern. Teuer waren vor allem die Getränke. Guter Wein wuchs in Galiläa reichlich, aber diese edlen Tropfen wurden nach Rom exportiert und an den Tafeln der Reichen getrunken. Was für das gewöhnliche Volk überbleibt, war wohl stark verdünnter und billiger Fusel. Aber egal, Hauptsache er macht fröhlich und schwemmt die Ängste und Nöte weg, mit denen man sonst immer zu kämpfen hat.
Doch nun sind auf der Hochzeit selbst diese bescheidenen Weinvorräte erschöpft, und das Fest ist noch nicht einmal auf seinem Höhepunkt angelangt. Der Speisemeister nimmt die Brautleute zur Seite und warnt vor einer Katastrophe.  Kein Wein mehr da, das bedeutet kein Feiern und eine riesige Blamage für das Paar für den Rest des Lebens.
Wein-Flaute. Sie ist nicht nur peinlich für die Brautleute, sie ist symptomatisch für die Gesellschaft damals, in der es eigentlich „nichts zu feiern“ gab und die Bezüge zu uns heute, nach bald 11 Monaten Corona Einschränkungen sind auch nicht von der Hand zu weisen.

„Lauter Klagen in den Gassen, jede Freude ist vergangen und aller Frohsinn verflogen“ so beschrieb schon der Prophet Jesaja die Anzeichen des nahen Endes, das sich aber auf dieser Hochzeit auf der Jesus zu Gast war, doch in einen neuen Anfang verwandelte.

Das verzweifelte Gespräch zwischen den Brautleuten und dem Speisemeister hat Maria, die Mutter Jesu mitgehört. Sie denkt wohl nicht an Jesaja und das Weltende, sondern schlicht daran, wie man Freunden aus der Patsche helfen kann – und ihr fällt nur eine Lösung ein: Jesus.
Bisher hat Jesus keine Anstalten gemacht, sich als Wundertäter ins Gespräch zu bringen, aber dies ist ein Notfall und rasches Handeln ist geboten. Maria geht zu Jesus und teilt ihm sachlich mit: „Sie haben keinen Wein mehr“.  Aber Jesus reagiert sehr distanziert: „Gute Frau,“ nennt er seine Mutter, „meine Stunde ist noch nicht gekommen.“
Aber ein Nein dieser Mutter gegenüber bedeutet noch kein Nein, es ist erst der Beginn der Verhandlungen und Maria setzt drauf, das Jesus wie jedes einsichtige Kind, es sich noch mal überlegen wird. Sie weiß schließlich um sein gutes und mitfühlendes Herz und gibt den umstehenden Leuten des Speisemeisters schon mal die Anweisung: „Tut, was er sagt!“
Und Jesus beauftragt das Servicepersonal, sechs riesige Steinkrüge von jeweils rund 100 Litern herbeizuschaffen.  Die Krüge sind eigentlich Behälter für Reinigungswasser, von Trinkwasserqualität kann keine Rede sein.
Dann ruft er den Catering Chef herbei und lädt ihn zur Weinprobe. Der kostet die Flüssigkeit und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Wein schmeckt edler als das, was er sonst selbst  im Königspalast in Tiberias aufgetragen hat.
„Du bist mir einer“, sagt der Speisemeister zum Bräutigam. "Du kredenzt erst den Standard Fusel und jetzt wo, die meisten Leute schon beschwipst sind, kommst du mit dem besten Wein daher!
So etwas habe ich noch nie erlebt! Normalerweise gibt man etwas Guten zuerst, und wenn die Leute dann bei Laune sind, merken sie es nicht, dass der billige Wein nachkommt!"

Zisternenwasser, nicht mal in Trinkwasserqualität wird zu Spitzenwein:
Jesus ist nicht gekommen, um die Reinheitsgebote, auf die man damals besonders achten musste, noch weiter zu verschärfen, er ist gekommen, um die Menschen zur Freude zu befreien.
Mit dem Weinwunder untermauert Jesus seinen Anspruch; „Ich bin gekommen, um euch das Leben in seiner ganzen Fülle zu bringen“.
Während fröhlich weitergefeiert wird, bleibt Jesus im Hintergrund. Party gerettet, Blamage abgewendet, das reicht ihm. Auch nur wenige Anwesende bekommen das Wunder überhaupt mit, sie fragen nicht lange nach der Herkunft des Weines, sondern  genießen und sind fröhlich.
Johannes, der Jünger aber hat es mitgekriegt: Er bilanziert: „Jesus offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn“. Sie haben Jesus von einer Seite kennengelernt, die sie völlig überrascht hat und die Gläubige bis heute nur schwer wahrhaben wollen.
Was Jesus vor allem auszeichnet, ist seine extravagante Großzügigkeit, seine Hinwendung zur Freude, zur Gemeinschaft, zum Leben.
Ob da auch einige enttäuscht zurückgeblieben sind? Sie hatten sich einen, der religiöse Grenzen noch klarer zieht und Übertreter zur Rechenschaft zieht oder gar einen gerechten Richter erwartet, der mit allem Unrecht radikal aufräumt, einen, der sich von Sündern und Fressern konsequent fern hält und am liebsten nur Wasser trinkt.
Jesus ist anders, er begründet auf dieser Hochzeit seinen Ruf als geselligen, gut gelaunte und genussfreudigen Gottesmann.
Die Richtung, in die er zeigt, heißt schöner, fröhlicher, herzerwärmender und mitmenschlicher soll das Leben werden. Das ist seine frohe Botschaft, sein Evangelium!

Passt diese Geschichte in unseren zweiten Lockdown? Fröhlich sein, Gemeinschaft feiern, es sich gut gehen lassen?
Machen wir uns nichts vor, die Alternative heißt Verbitterung, gegenseitige Schuldzuweisung, "hätte hätte, hätte“, Ausgrenzung der Andersdenkenden und -fühlenden, Ruf nach drastischeren Maßnahmen, vor allem für die Anderen und kein Halten mehr, Hass und Zorn entladen sich in blinder Wut, spalten gerade eine ganze Nation, zu der wir bisher immer mit Achtung aufgeblickt haben.

Ich merke für mich, dass das Beste, was ich meinen Mitmenschnen zurzeit schenken kann, eine Haltung der Freude, der Zuversicht und der gelassenen Heiterkeit ist. Ein nettes Wort an der Supermarktkasse, ein ermutigendes Gespräch am Telefon, mit jemanden, den der Mut gerade verlassen hat, ein Blick zurück auf die vielen „Hochzeiten“ erfüllten Lebens, die mir zuteilwurden und ein Blick nach vorne in der Zuversicht und im Vertrauen, dass Gott uns schon Kraft und Inspiration schenken wird, um weiter zu gehen, dass wir auch jetzt unsere Aufgaben bewältigen können und so leben können, als ob wieder bald Hochzeit wäre und mich schon ein wenig darauf einstimmen darf.

Mensch, achte auf deine Gedanken
denn sie formen deine Worte
Achte auf deine Taten
denn sie bestimmen dein Handeln
Achte auf dein Handeln
denn es gestaltet die Wirklichkeit, in der Du und deine Mitwelt leben wird.

Und ich stelle mir vor, dass Jesus sich in deine Gedanken einmischt, er kommt ja gerne zu denen, die ihn einladen, dass er an deinem Leben teilnehmen will, dass er sich unter die Menschen mischt, mit denen du Gemeinschaft pflegst und darauf achtet, dass dir der Wein nicht ausgeht. 

Amen.